Paul ist 26 Jahre alt und absolvierte im letzten Jahr ein sechswöchiges Praktikum im Heilpädagogischen Hort „WeltEntdecker“. Der gelernte Erzieher hat sich nach seiner Ausbildung für die Heilpädagogische Zusatzqualifizierung (HPZ) entschieden. (Mit dieser berufsbegleitenden Fortbildung können pädagogische Fachkräfte im Anschluss auch mit Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen mit Beeinträchtigung arbeiten.) Der Hort ist für ihn eine Einrichtung, mit besonderer Bedeutung. Denn unter anderem auf Grund einer ausgeprägten Sprachentwicklungsverzögerung besuchte Paul die damalige Sprachheilschule und somit auch den Heilpädagogischen Hort von 2005–2009 selber als Kind.

Praktikanten werden im Hort WeltEntdecker von Mentoren betreut. Sie nehmen diese an die Hand, zeigen das Haus, unterstützen und stehen für Fragen zur Verfügung. Pauls Mentorin war Frau Hartmann, Erzieherin bei den WeltEntdeckern. Bereits seit 1985 arbeitet sie hier und kennt ihn noch als Schüler. „Paul ist mir im Gedächtnis geblieben, weil er eines der wenigen Kinder war, die ein Musikinstrument spielten. Das Bariton. Er brachte es auch mal mit in den Hort“ lacht Frau Hartmann, während sie in einer Jahresabschlusszeitung nach Fotos sucht. „Ich freue mich sehr und bin stolz ihn heute im Praktikum begleiten zu können und zu sehen, was aus ihm geworden ist“.

eine grüne Karte mit aufgeklebten Fotos von einer Faschingsfeier
Karte zur Erinnerung an die Zeit im Hort
Text auf der Karte "Lieber Paul, für die Zukunft wünsche ich dir viel Glück und nette Freunde! Deine Frau Hartmann."

Paul hat sich bemüht, eines seiner Praktika genau hier im Hort zu machen. Zum einen da er sich positiv an die Zeit erinnert, zum anderen auch um ein Stück seiner Biografie mit heutigem Fachverständnis bewerten zu können. Im Rahmen der Fortbildung hat er eine andere Sicht auf viele Dinge bekommen. Und er kann heute, mit Blick auf sich selber, aus Überzeugung sagen, dass eine gute Förderung von Kindern existenziell ist für deren persönliche Entwicklung. Spürbar sind die Diagnosen aus Pauls Kindheitstagen heute nicht mehr. Nach seiner Grundschul- und Hortzeit besuchte er die Oberschule, schloss die zehnte Klasse ab und entschied sich irgendwann für die Erzieherausbildung. Er möchte zukünftig gern mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. „Ich habe mich nach der Erzieherausbildung bewusst für die HPZ entschieden. Neben meinen persönlichen Erfahrungen kann man im heilpädagogischen Bereich auch einfach gezielter mit einzelnen oder zumindest wenigen Kindern arbeiten. Die Zeit fehlt als „normaler“ Erzieher oft“ erklärt Paul die Gründe für die gewählte Heilpädagogische Zusatzqualifizierung. „Als Praktikant kann man das übrigens auch machen, sich Zeit für einzelne Kinder nehmen, die die Fachkraft in der Gruppe nicht hat“ freut er sich.

Paul lächelt

Eine wichtige Voraussetzung für eine optimale Entwicklung von Kindern ist, eine gute Förderung und Unterstützung, natürlich im privaten Umfeld, aber eben auch in Bildungseinrichtungen. Tina Michnol, Einrichtungsleiterin des Hortes, ist sich sicher: „Es kommt stark darauf an was die Kinder zu Hause, in der Schule und auch im Hort erleben. Ein Kind, was auf eine Entwicklungsverzögerung oder Beeinträchtigung reduziert wird, welches das Gefühl bekommt nicht gut genug zu sein, ist sehr schwer zu motivieren und gibt schnell auf. Kinder brauchen Förderung und Unterstützung, einen liebevollen Umgang, Lob, Erfolgserlebnisse und die Erfahrung etwas schaffen zu können. Nur so bauen sie Selbstbewusstsein auf und können ihren Weg gehen. Das versuchen wir mit den vielen Angeboten und der Arbeit unserer Fachkräfte hier zu unterstützen“.

Im Hort WeltEntdecker lernen Praktikantinnen und Praktikanten den Beruf in all seinen Facetten kennen. Dazu gehört, neben dem Umgang mit den Kindern in einer Gruppe, z. B. auch mal das Hospitieren bei einem Elterngespräch. Frau Hartmann ist es wichtig regelmäßig auch in fachliche Gespräche und den Austausch mit den Praktikanten zu gehen. „Feedbackgespräche sind uns sehr wichtig. Wir fragen regelmäßig, ob die Praktikanten mit bestimmten Situationen anders umgehen würden und sind auch offen für Kritik. Wir können unsere langjährige Erfahrung weitergeben und junge Menschen bringen neuen Input mit. Das funktioniert meist sehr gut. Und auch für die Kinder bei uns sind Praktikanten immer eine absolute Bereicherung. So ist einfach mehr Zeit, auch mal für einzelne Kinder, da“ sagt Frau Hartmann.

Paul hat die HPZ mit Erfolg abgeschlossen und arbeitet als Erzieher in einer Integrativen Kita. Sein Lebensweg und die vielen Erfahrungen werden die Arbeit mit den Kindern bereichern und vielleicht auch ein wenig Vorbild sein.